Die „Gute Stube“ des Saarlands: Der St. Johanner Markt in Saarbrücken
Wir waren wieder unterwegs, dieses Mal im Saarland. Insgesamt sind im Saarland rund 1.600 Petanque-Spieler in ihrem Landesverband organisiert. Bundesweit gibt es rund 20.000 Spieler, damit ist fast jeder zehnte Bouler ein Saarländer. Eigentlich nichts, denn im nahen Frankreich gibt es über 300 000 Mitglieder im Pétanque-Verband FFPJP.
Boulodrome am „La-Baule-Platz“ in Homburg/Saar
In Homburg/Saar fanden wir ein Boulodrome am „La Baule-Platz“. Ja, das ist richtig geschrieben, denn La Baule am Atlantik ist seit Jahrzehnten die französische Partnerstadt von Homburg.
Zum besonderen Flair des Saarlandes gehört auch die regionale Küche, in der eine Wurst namens Lyoner eine Hauptrolle spielt. Man kriegt sie als Curry-Lyoner mit Pommes, Chili con Lyoner, heiße Lyoner im Weck (Brötchen) oder als Quiche auf Lothringer Art. „Hauptsach gudd gäss“, wie der Saarländer so sagt.
Das ehemalige Stahlwerk „Völklinger Hütte“ ist heute ein Weltkulturerbe
Und dann die Erinnerung an eine große Vergangenheit der Montanindustrie. Wer nicht gerade in einer Hütte oder Grube (Bergwerk) arbeiten musste, gibt sich erleichtert, dass der Höllenlärm der Hochöfen und der allgegenwärtige Ruß seit der Stilllegung der alten Anlagen nur noch Geschichte ist.
Dieses Messgerät wird auf unseren Boule-Plätzen eher selten gesehen: Die Tirette. Aus Kunststoff oder Metall hergestellt, hat dieser Gliedermaßstab eine bewegliche Zunge aus Metall, um Unterschiede von wenigen Millimetern zu ermitteln.
Und so geht es: Die Messzunge der Tirette (links) wird grob ausgefahren. Dabei zeigt der bewegliche Schieber zur Sau. Dann legst du die Tirette mit unveränderter Einstellung zu der anderen zu messenden Kugel.
Hat die Kugel noch Luft, ist sie schlechter platziert. Berührt der Schieber die Sau, ist diese Kugel näher an der Sau.
Boule-Kugel im Nachbarfeld – was schreiben die Regeln jetzt vor?
Auf der Homepage des Deutschen Petanque-Verbandes gibt’s auch Nachhilfe zur Regelkunde. So ging es jüngst um Kugeln, die in ein benachbartes Spielfeld rollen. Dazu der DPV:
„Es hat sich eingebürgert, Kugeln, die auf das bespielte Nachbarfeld geraten, zu markieren und aufzuheben, um das Spiel neben der eigenen Bahn nicht unnötig aufzuhalten, zu stören.“
Hierzu folgende Auslegung:
„Kugeln und/oder Zielkugeln, welche im Lauf einer Aufnahme auf ein Nachbarfeld gelangen und dort in einer gültigen Position liegenbleiben, können im gegenseitigen Einvernehmen vorübergehend entfernt werden, nachdem sie markiert worden sind.
Die eigene Aufnahme ist nun zu unterbrechen, bis die Aufnahme im Nachbarfeld beendet ist. Dann werden Kugeln und/oder Zielkugel an ihren ursprünglichen Platz zurückgelegt und die Aufnahme beendet.“
Begründung:
„Das Reglement beschreibt eindeutig, dass unter normalen Umständen das linke und das rechte Nachbarfeld kein verbotenes Gelände sind, also „mitspielen“. Geraten im Laufe einer Aufnahme Zielkugel oder Kugel dorthin, bleiben sie gültig und die Aufnahme wird fortgesetzt. Es darf jedoch das dort stattfindende Spiel nicht behindert werden. Eine der beiden Aufnahmen ist daher zu unterbrechen, während die andere Aufnahme zu Ende gespielt wird.
Idealerweise wird die Aufnahme zuerst beendet, die auf ihrem Spielgelände stattfindet und danach die Aufnahme, welche auf das Nachbarfeld gelangt ist. Damit aber Kugeln oder Zielkugel der einen Aufnahme nicht die andere Aufnahme behindern (weil sie zum Beispiel im Weg liegen) sollen diese entfernt werden können, ohne dass sie dadurch ungültig werden, da dies ein Nachteil für das betroffene Team sein kann.“
Weitere Infos: https://deutscher-petanque-verband.de
Die Bar sa Petanca liegt an der Bushaltestelle Soller auf Mallorca
Angenommen, du bist Boule-Spieler und urlaubst auf Mallorca. Du hast deine Kugeln dabei – natürlich im Koffer transportiert, und niemals im Handgepäck! Bald stehst du mitten in Palma de Mallorca und möchtest gerne ein paar Kugeln legen. In der Stadt findest du Boule-Plätze am Museum El Baluard, in El Molinar oder die 63 Bahnen auf der Anlage des balearischen Petanca-Verbandes.
Aber wie wäre es, einmal in der Kleinstadt Soller zu spielen? Etwas außerhalb zwar, auf der nördlichen Seite der Sierra Tramuntana, dem Gebirge im Inselinneren von Mallorca. Also auf geht’s!
Von der Placa Espanya fährt der „Rote Blitz“, eine historische Eisenbahn nach Soller. Im Sommer ist die Bahn oft überbelegt, im Winter zur Wartung geschlossen. An der Placa Espanya findest du aber auch die Estacio Intermodal, ein unterirdischer Bahnhof für die Inselzüge, die Straßenbahn der Stadt Palma und die Überlandbusse.
Der Bahnhof ist alleine schon eine Sensation: Im 1. UG verkehren die U-Bahn der Stadt Palma und die Inselzüge, während das 2. UG für die Überlandbusse geöffnet ist. Auch wer kein Spanisch spricht, findet sich mit den Hinweistafeln einigermaßen zurecht.
Von Soller kann man mit einer historischen Straßenbahn zum Port de Soller fahren
Die Fahrkarte von Palma nach Soller kaufst du beim Busfahrer. Im Dezember 2019 zahlten wir 2,90 Euro für die Einzelstrecke. Dafür gibt es 40 Minuten Busfahrt durch die Außenbezirke von Palma, vorbei am Gefängnis der Insel, Orangen-Plantagen und nach dem Aufstieg durch den Tunnel der Tramuntana.
Nach etwa 40 Minuten hält der Bus in Soller, und zwar genau vor der Bar sa Petanca. Auch ohne Petanca ist die Bar ein lebhafter Treffpunkt der Einheimischen. Als wir ankamen, lief im TV gerade das Spiel Real Mallorca gegen Sevilla, es endete leider nur 0:2, aber unter lautstarker Beteiligung der Gäste.
Das Boulodrome von Soller im Norden von Mallorca
Aber jetzt zum Boulodrome. Es gibt sechs begrenzte Bahnen, einige ganz ordentlich in Schuss, aber alle mit mit wundervollem Blick auf die Tramuntana. Fürs Spielen mussten wir keine Platzgebühr zahlen, aber Jaime, der Chef der Bar, freut sich, wenn man seine Tapas oder die Tagesgerichte probiert.
Wer weiter nach Port de Soller möchte, den Hafen, des Ortes, kommt mit dem Bus ab der Bar sa Petanca oder der historischen Straßenbahn hin. Von der Bar sind es etwa 10 Minuten zu Fuß zum Stadtkern mit der Haltestelle.
Das gößte Petanque-Turnier der Welt, „La Marseillaise à Pétanque“, musste dieses Jahr verschoben werden. Das 59. Turnier findet 2020 vom 30. August bis 2. September statt, in all den Jahren zuvor begann das Termin Anfang Juli.
Im Hauptturnier, der Principale, spielen über 4.000 Mannschaften im Triplette-Modus ihren Meister aus, der Teilnahmerekord liegt bei über 4.600 Teams. Lasst uns rechnen: Jeder Spieler hat zwei Kugeln, die zusammen 1.400 g wiegen. Das ergibt über 33 Tonnen Stahl, die am ersten Tag durch die Luft fliegen!
Die Marseillaise bietet Wettbewerbe für Männer, Frauen, Jugendliche, gemischte Teams und Männer mit 55+. Dieser Begriff wird nur in Deutschland verwendet, da der internationale Ausdruck „Veterans“ hierzulande als zu militärisch gilt. Rund um die Marseillaise sind zahlreiche Souvenirs erhältlich, darunter Kleidung, Taschen und Boule-Zubehör.
Die einzige Quelle, in der man die Auslosung der Teams und deren Spielpätze findet, ist die Tageszeitung „La Marseillaise“. Die Boule-Plätze sind über das gesamte Stadtgebiet von Marseille verteilt, die Finales finden am malerischen Parc Borély im alten Hafen statt. Nach den Vorrunden geht’s im KO-Modus in die Finales, die Teilnehmer müssen dabei die glühende Hitze des mediterranen Hochsommers aushalten.
Dass der französische TV-Sender France 3 das Turnier live überträgt, unterstreicht die Beliebtheit des Petanque in unserem Nachbarland. Wie wichtig der Wettbewerb in Frankreich ist, zeigte auch der Superspieler Marco Foyot: Er war Soldat und kam 1974 ins Finale – obwohl er zurück in seine Kaserne bei Paris musste. Dazu sein Kommandant: „Ich muss damit leben, dass er spielt. Aber wenn er verliert, geht er ins Loch.“ Die Equipe von Foyot gewann aber das Turnier.
Paul Ricard aus Marseille erfand einen erfolgreichen Pastis und das größte Petanque-Turnier der Welt. Foto (1): Pernod Ricard GmbH, Köln
Diesem Mann haben wir viel zu verdanken, denn was er anpackte, wurde zum Erfolg: Paul Ricard (1909 – 1997) schuf einen grandiosen Pastis, das größte Petanque-Turnier der Welt und eine Rennstrecke für die Formel 1. Er war „Der Mann der 1.000 Leidenschaften“, wie ihn die französiche Tageszeitung La Provence (Auflage 180.000) nannte.
Schon als Jugendlicher tüftelte der Sohn eines Weinhändlers aus Marseille an einem Anislikör, der spannender schmecken sollte als die übrigen. Mit 17 hatte er das Rezept für seinen Pastis, der neben Anis auch Fenchel und Lakritze enthält. Um seinen Pastis zu verkaufen, zog Ricard durch die Bars und Bistros von Marseile, später auch Lyon und Paris. Kurz: Sein „Ricard“ wurde zum Riesenerfolg.
Zusammen mit der Zeitung La Marseillaise rief Paul Ricard 1962 das größte Petanque-Turnier der Welt ins Leben, die Marseillaise à Pétanque. Heute nehmen über 10.000 Spieler an dem fünftägigen Turnier teil. Ein weiteres Sport-Sponsoring war der Bau der Rennstrecke Circuit Paul Ricard in der Provence, wo heute noch Rennen der Formel 1 stattfinden. Doch auch geschäftlich blieb Paul Ricard erfolgreich: 1975 übernahm er den Rivalen Pernod und schuf damit den größten Pastis-Konzern der Welt.
Der Hintergrund: Pastis ist ein alkoholisches Getränk aus Frankreich, bestehend aus Anis und einer Kräutermischung. Als 1915 die Produktion von Absinth verboten wurde, kam der Pastis (wörtlich: Nachahmung“) auf. Die wichtigsten Marken sind Ricard, Pernod, Pastis 51, Herni Bardouin und Duval.
Pastis wird meistens mit Wasser verdünnt, dabei kommen 5 Teile Wasser auf 1 Teil Pastis, und erhält dadurch eine milchige Farbe. Als Longdrink lässt sich Pastis auch mit Champagner oder Orangensaft mischen. Frankophile Boule-Spieler nehmen gerne eine Flasche Pastis mit auf den Platz, im Sommer als Erfrischung und im Winter zum Aufwärmen.
Weitere Infos: https://www.mondiallamarseillaiseapetanque.com/
Nur viele, viele Würfe formen den guten Spieler. Warum also nicht mit sechs Kugeln zum Training? Hier einige Anregungen:
Dreier: 2 Spieler mit je 3 Kugeln treten gegen einen Spieler mit 6 Kugeln an. Ergibt 6 : 6 Kugeln, genau wie beim Doublette oder Triplette.
Supermelee: Markiere einen Kreis oder platziere einen Abwurfkreis in sieben bis neun Metern. Wirf drei Kugeln mitten in den Kreis, dann schieße sie mit den restlichen drei Kugeln. Jede Kugel im Kreis bringt einen Punkt, ebenso jeder Trefferschuss.
Solitaire: Ein Spiel gegen dich selbst. Mit einem Satz Kugeln spielst du vorsichtig und konservativ, mit dem anderen Satz gehst du auf Risiko. Lass dich überraschen, welcher Stil die meisten Punkte bringt.
Was du noch mit sechs Kugeln anfangen kannst, liest du hier
Bei den französischen Kugelspielen versuchen zwei Mannschaften, ihre Kugeln so nahe wie möglich an eine Zielkugel zu werfen. Dabei gibt es mehrere regionale Unterschiede.
Beim Boule Lyonaise haben die Teams einen bis vier Spieler. Das Spielfeld misst 3 x 27,5 m und ist mit Banden und Linien unterteilt. Das Spiel wird bis 13 Punkte oder über einen Zeitraum von 1,5 oder 2 Stunden ausgetragen.
Das Jeu Provencal wird mit drei Schritten Anlauf gespielt. Das Spielfeld misst 18 x 24 m, das ist etwa doppelt so groß wie beim Pétanque. Der Spieler muss vor seinem Wurf ansagen, ob er schießen oder legen möchte.
Im südfranzösischenLa Ciotatschaffte der Boulespieler Jules Le Noir Anfang des 20. Jahrhunders nicht mehr die Anlaufschritte des Jeu Provençal. Ein Freund erfand für ihn ein Spiel mit weniger Entfernung und ohne Anlauf. Er nannte es auf Provencalisch „ped tanco“, das bedeutet „Geschlossene Füße“ – und voila, der Siegeszug des Petanque begann.
Daher ist es falsch, das beliebteste der französischen Kugelspiele als Boule zu bezeichnen, was nur die Vokabel für „Kugel“ ist. Vermutlich haben deutsche Frankreich-Touristen während der 70er Jahre das Wort so aufgeschnappt und bei uns verbreitet. Gemeint was aber Petanque.
Nach den offiziellen Petanque-Regeln darf eine Turnierkugel zwischen 650 g und 800 g wiegen. In der Praxis dominieren jedoch Boule-Kugeln mit einem Gewicht um 700 g.
Reine Leger bevorzugen schwere Kugeln, so um die 730 g. Durch ihr Gewicht haben diese Kugeln einen stabilen Lauf, für Effekt-Würfe und effektives Schießen sind sie jedoch zu schwer.
Für Schießer empfehlen sich Kugeln um 680 g. Da man mit einer Schießer-Kugel auch legen kann, ist dieses Gewicht universell verwendbar. Auf Turnieren oder bei Top-Spielern findet man fast nur Kugeln mit 680 oder 690 g Gewicht, Boule-Kugeln mit 700 g und mehr sind eher die Ausnahme.
Das Gewicht ist aber nur ein Parameter der optimalen Kugel. Hinzu kommen Stahlqualität, Härte, Verarbeitung oder die Riffelung. Am wichtigsten jedoch ist der Umfang einer Kugel, die genau in die Hand des Spielers passen muss.