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Boule-Plätze

Lost Places – und eine Verwechslung

In einer geschlossenen WhatsApp-Gruppe berichtete eine Teilnehmerin, dass sie in einem Wald bei München eine verlassene Boule-Bahn gefunden habe.

Eine verlassene Boule-Bahn in einem Wald bei München?

So etwas interessiert mich, also habe ich die Bahn gesucht. Und gefunden. Erster Eindruck: Für eine Boule-Bahn sehr lang, genau sind es 31 m. Und mit 3,50 m nicht sehr breit. Laut Artikel 5 der aktuellen Petanque-Regeln muss ein Spielfeld aber „mindestens 4 m in der Breite und 15 m in der Länge betragen“.

Ganz klare Schlussfolgerung: Das ist keine Boule-Bahn. Aber was sonst?

Auf einem Tisch neben der Bahn lagen vier Gegenstände aus Metall: Verrostet, verwittert, wie im Wald weggeworfen. Ich erinnerte mich ganz dunkel, dass ich an der Isar schon Gruppen bei einem Wurfspiel gesehen hatte, über das ich nichts wusste.

Bei solchen Fragen hilft dir heute Facebook. Dort fragte ich in einer lokalen Gruppe, wozu sich diese Gegenstände eignen. Die Antwort kam innerhalb kurzer Zeit: Das sind Blatschgen, Bladeln oder Plattln.

Wurfgeräte für ein uraltes bayerisches Wurfspiel

Mit ihnen spielt man in Bayern ein uraltes, fast vergessenes Wurfspiel. Und genau dazu passt die Größe der Spielbahn.

Wie zu erfahren war, spielt man Bladeln oder Platteln ganz ähnlich wie Eisstockschießen oder Boccia. Als Wurfgeräte dienten ursprünglich Hufeisen und Steinplatten, heute spielt man mit runden oder rechteckigen Wurfplatten aus Metall. Die Teams haben je vier Spieler und werfen ihre Eisen auf einen Holzwürfel in etwas Entfernung.

Eine Boule-Spielerin aus München berichtet über ihre Eindrücke beim „Platteln“:

„Mir sind keine offiziellen Spielregeln bekannt, wie sie jede andere Sportdisziplin hat. Die Spieler machen untereinander aus, wie viele Personen mit wie vielen Blatschgerln gegeneinander antreten. Auch die Entfernung und die Zielfigur sind nicht geregelt.

Die Blatschgerln kann man auch nicht im Laden oder online kaufen. Sie haben keine genormte Größe oder Form und werden oft von Metallhandwerkern ganz privat hergestellt.

Auch mein Mann kann sich an keine Regeln erinnern. Ich glaube, das Wurfspiel ist so individuell wie die Bayern. Auf jeden Fall schießen zwei Mannschaften gegeneinander auf einen Holzklotz. Die Wurftechnik ähnelt dem Rückhandwurf mit einem Frisbee. Trifft man den Holzklotz und er fällt um, gibt es einen Extrapunkt, und der Klotz wird wieder aufgestellt.“

Also wieder etwas gelernt. Aber die Pointe kam später: Ein Mitleser aus Facebook erkannte die Wurfplatten als sein Eigentum und wollte sie bei mir abholen. Aber dachte der Mann wirklich, solche Schätze nimmt jemand mit? Dann sieh dir das Foto an: Wer so etwas findet, lässt es im Wald liegen. Vielleicht findet der Eigentümer seine Wurfplatten ja wieder.

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Boule spielen

Was spielt ihr da?

Drei Schritte Anlauf sind beim Jeu Provencale vorgeschrieben, einem Vorläufer des heutigen Petanque

Boule, Boccia, Petanque, Bowls: Bei den gängigen Kugelspielen versuchen zwei Mannschaften, ihre Kugeln so nahe wie möglich an eine Zielkugel zu werfen. Die wichtigsten Unterschiede:

    • Beim französischen Boule Lyonaise haben die Teams einen bis vier Spieler. Das Feld misst 3 x 27,5 m und ist mit Banden und Linien unterteilt. Das Spiel wird bis 13 Punkte oder über einen Zeitraum von 1,5 oder 2 Stunden ausgetragen.
    • Das Jeu Provencal wird mit drei Schritten Anlauf gespielt. Das Feld misst 18 x 24 m. Der Spieler muss vor seinem Wurf ansagen, ob er schießen oder legen möchte.
Petanque ist nicht das einzige Kugelspiel. Es gibt auch noch das Jeu Provencal, Boccia, Bowls, Platteln und Boßeln
  • Im südfranzösischen La Ciotat schaffte der Boulespieler Jules Le Noir Anfang des 20. Jahrhunders nicht mehr die Anlaufschritte des Jeu Provençal. Ein Freund erfand für ihn ein Spiel mit weniger Entfernung und ohne Anlauf. Er nannte es auf Provencalisch „ped tanco“, das bedeutet „Geschlossene Füße“ – und voila, der Siegeszug des Petanque begann. 
  • Aus Italien stammt Boccia, das auf eingefassten Bahnen gespielt wird. Die Bahn sollte 26,50 m × 4,50 m groß sein, die Kugeln haben einen Durchmesser von 107 mm und ein Gewicht von 920 g, sind also viel größer und schwerer als beim Petanque. Der Volo ist ein Wurf, der dem Legen beim Petanque entspricht. Vor dem Schießen oder Raffa muss ein Spieler ansagen, welche Kugel er treffen möchte.
  • Beim englischen Bowls werden Kugeln aus Kunststoff auf eine Zielkugel (Jack oder Kitty) gespielt. Das Feld sollte zwischen 31 m und 40 m lang und von einer Rinne umfasst sein. Je nach Anzahl der Spieler hat jeder zwei bis vier Kugeln, die von einer Matte aus geworfen werden.
  • Im Alpenraum haben sich lokale Plattenwurfspiele (Platteln) gehalten, in Österreich auch mit Vereinen und Landesverbänden. Eine der vielen Varianten erlaubt Wurfplatten mit Stollen und Zacken, die auf Bahnen mit 18 m auf einen Holzwürfel geworfen werden.
  • Beim norddeutschen Boßeln wird eine Kugel über freie Flächen, Straßen oder befestigte Wege gespielt. Regeln und Wurftechnik sind regional verschieden, es gibt Punktspiele und Meisterschaften.