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Die Hauptstadt des Pétanque

Wenn es eine Hauptstadt des Pétanque gibt, dann liegt sie an der Cote d’Azur: Marseille. Mit rund 870.000 Einwohnern ist die Stadt ein dynamischer Wirtschafts-Standort, geprägt von ihrem Hafen, Start-ups und Industrie. Einst berüchtigt für seine raue Kriminalität, erlebt Marseille heute eine intensive Gentrifizierung, die alteingesessene Bewohner aus dem Zentrum in die nördlichen, wirtschaftlich benachteiligten Viertel verdrängt.

Keine andere Stadt ist so eng mit Petanque verbunden wie die zweitgrößte Stadt Frankreichs. Hier sind fünf Belege:

1. La Marseillaise à Pétanque – Größtes Pétanque-Turnier der Welt

Einmal im Jahr verwandelt sich Marseille in das Mekka des Pétanque. „La Marseillaise à Pétanque“ im Juli ist das größte Turnier der Welt und findet seit 1962 statt. Hier treten über 14.000 Spielende im Triplette (2025) gegeneinander an – aus allen Regionen Frankreichs und aus dem Ausland.

Das mehrtägige Groß-Ereignis wird landesweit von „France 3“ im Fernsehen übertragen und zieht hundert-tausende Zuschauer an. Der Mittelpunkt ist der weitläufige Parc Borély, wo auf über 100 Spielfeldern gleichzeitig geworfen, geschossen und gemessen wird.

2. Paul Ricard (1909 bis 1997) 

Der Unternehmer und Maler stammt aus Marseille. Als echter Südfranzose liebte Paul Ricard das Boule-Spiel und organisierte 1952 die erste „La Marseillaise à Pétanque“. Paul Ricard war der Erfinder des weltweit bekannten Pastis Ricard, der heute auf vielen Boule-Plätzen getrunken wird. 1975 fusionierte das Unternehmen mit Pernod, dem größten Rivalen, zur heutigen Pernod Ricard Gruppe – einem der größten Spirituosen-Konzerne der Welt.

1970 eröffnete Ricard die Rennstrecke Circuit Paul Ricard auf einem Hochplateau 40 km östlich von Marseille. Der Rundkurs galt als eine der modernsten seiner Zeit. Nach einer Pause kehrte 2018 sogar die Formel 1 zurück.

3. La Ciotat – Geburtsort des Pétanque

Wenige Kilometer südöstlich von Marseille liegt La Ciotat (38.000 Einwohner). Die charmante Hafenstadt gilt als die Wiege des heutigen Pétanque. Das erste Petanque-Spiel wurde 1910 dokumentiert.

Der Name „Pétanque“ leitet sich vom provencalischen „pès tancats“ ab, was so viel bedeutet wie „Füße berühren den Boden“. Die Regeln des neuen Spiels, das aus früheren Boule-Formen wie „Jeu Provençal“ hervorging, sehen vor, dass der Werfer beide Füße in einem Wurfkreis fixieren muss – und nicht mit Anlauf wirft.

4. Boule Bleue – Älteste Kugel-Fabrik des Landes

Seit 1904 stellt La Boule Bleue in Marseille Boule-Kugeln her, seit 1947 nur noch aus Stahl. Das Unternehmen gehört heute in vierter Generation der Familie Rofritsch, deren Gründer Felix Rofritsch aus dem Elsass stammte. La Boule Bleue ist damit der älteste noch aktive Hersteller weltweit – und mit ihrer traditioneller Produktion in den Stückzahlen deutlich hinter Obut mit seiner Roboter-Fabrik.

Die Kugeln von Boule Bleue sind weltweit gefragt, nicht nur wegen der Handarbeit, sondern auch wegen der vielen Gravuren, exakt abgestimmten Härtegrade und großen Modell-Vielfalt. In Marseille kann man die Werkstatt besichtigen und sich persönliche Kugeln anfertigen lassen.

Screenshot

5. ODK – Die neuen Boule-Kugeln

Eine weitere Marke aus Marseille sind Boule-Kugeln von ODK (Oddeka). Das Unternehmen wurde im Oktober 2020 ins Handelsregister von Marseille eingetragen und ist seit Mai 2021 aktiv auf dem Markt. Laut Hersteller werden die ODK‑Kugeln aus französischem Stahl und zu 100 % in Frankreich hergestellt.

ODK betreibt auch das Boule-Fachgeschäft Pétanque Longue im 15. Arrondissement von Marseille (19, Rue villa Oddo).

Daten, Fakten, Superlative

Thema Zahl / Fakt
Einwohner Marseille ca. 870.000
Erstes Pétanque-Spiel 1910, La Ciotat
Größtes Turnier La Marseillaise à Pétanque
Gegründet von Paul Ricard
Teilnehmer La Marseillaise bis zu 15.000
Ältester Kugelhersteller Boule Bleue (seit 1904)
Jüngster Hersteller ODK
Anzahl Boule-Plätze in Marseille Über 1.000
Besucher La Marseillaise ca. 150.000 pro Jahr
Medienbericht France 3, La Marseillaise, Pétanque Magazine

Fotos: Marseille Tourist Office and Convention Bureau, ODK (Oddeka)

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Boule-Kugeln

Die Jubiläums-Kugel von Boule Bleue

Die neue „Brut Origine Super Carbone 125“ (BO) von Boule Bleue ist eine halbharte Kugel aus abgeschrecktem und gehärtetem Karbonstahl. Mit ihr begeht das Unternehmen aus der Nähe von Marseille sein 75. Jahr in der Produktion von Boule-Kugeln aus Stahl.

Seit 1947, also seit 75 Jahren, stellt Rofritsch aus der Nähe von Marseille seine Stahlkugeln her, deren bläuliche Reflexe der Marke ihren Namen „Boule Bleue“ gaben. Laut Hersteller wurde für die neue Brut Origine das Originalverfahren auf den neuesten Stand gehoben.

Für die BO erhielten die Oberfläche und das Innere der Kugel eine Wärmebehandlung, die für eine solide Dämpfung beim Legen und Schießen sorgen soll. Mit einer Stahlhärte von 125 müsste sich die BO besonders für Leger oder den Milieu eignen.

In der Beschreibung der BO weist Boule Bleue darauf hin, dass sich der Schutzlack wie der von anderen Karbonkugeln mit der Zeit abspielt. Die Kugel erhält danach ein mattes Aussehen mit gutem Grip. Ob sie dann wirklich aussieht wie eine Vintage-Kugel, kann noch nicht geklärt werden. 

Im Angebot von Boule Bleue sind weitere Kugelmodelle mit farbigen Schutzlack, z.B. in Blau, Gold oder Rosa. Die Kugeln in Pink sind allerdings nur in Frankreich erhältlich. Auch die BO wird zurzeit nur dort angeboten. Wann und zu welchem Preis die BO bei uns angeboten wird, ist noch völlig offen (Stand: Juni 2022).

  • Die Sonne bringt es an den Tag

Die Geschichte von Boule Bleue geht auf den Elsässer Félix Rofritsch zurück. Der gründete 1904 in Zentrum von Marseille ein Geschäft für Boule-Kugeln. Die waren damals noch aus Holz, in das Nägel eingetrieben waren. 

Obwohl Boule-Kugeln aus Metall schon 1925 erfunden wurden, produzierte Rofritsch erst 1947 seine erste Kugel aus gehärtetem Karbonstahl. Durch Wärmebehandlung und Abschreckung erhielt sie eine Oberfläche, die das Tageslicht bläulich reflektierte. Die Firma Rofritsch nahm daraufhin den Namen La Boule Bleue an.

 

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Boule-Kugeln

Die ganz frühen Boule-Kugeln

Bis 1966 wurde Petanque nur als Trippelte gespielt – Die Kugeln waren nur im Doppelpack erhältlich

Mit welchen Kugeln wurde früher Boule gespielt? Was waren die alten Marken, welche gibt es heute noch? Hier geht’s in die Vergangenheit. 

Südfrankreich, wir schreiben das Jahr 1900. Kugelspiele sind sehr beliebt, sie heißen Jeu Provencale oder Boule Lyonaise. Das Petanque, wie wir es heute kennen, wird erst 1910 erfunden.

Man spielt mit Kugeln aus Holz, doch die sind sehr empfindlich, jeder Volltreffer hinterlässt Spuren. Also schlägt man Nägel rein, damit die Kugeln mehr Wumms kriegen und mehr aushalten. Entweder macht man das selbst oder überlässt es dem Dorfschmied, denn Fabriken für Boule-Kugeln gibt es noch nicht.

 

Die erste Manufaktur

Das ändert sich 1904. Der Elsässer Felix Rofritsch gründet in der Rue des Fabres in Marseille die erste Manufaktur von Kugeln für das Jeu Provencale und später auch Petanque. Der Zeit entsprechend, sind das zunächst Holzkugeln, die mit Nägeln verstärkt waren. Der Name des jungen Betriebs: La Boule Bleue.

Boule-Kugeln von Boule Bleue – erkennbar an den auffälligen Riffelungen

Erst 1947 stieg Boule Bleue auf die Produktion von Turnierkugeln aus Karbonstahl um. Noch heute befindet sich das Unternehmen im Besitz der Gründerfamilie Rofritsch. Im Programm sind nur noch hochwertige Turnierkugeln, die auf unseren Boule-Plätzen recht häufig gespielt werden. Die Besonderheit: Die Kugeln von Boule Bleue sind in über 40 Riffelungen erhältlich und damit beim Spiel besonders leicht zu erkennen.

Weitere Infos: https://www.laboulebleue.fr/

 

Ein fast vergessener Pionier

Die ersten Boule-Kugeln aus Metall wurden von Paul Courteu aus Lyon hergestellt, dem Gründer von Boule Integrale. In den 1920ern verwendete er eine Legierung aus Kupfer und Aluminium, die 1925 von der Union Nationale des Fédérations de Boules zum Wettkampf zugelassen wurde.

Mit Karbonstahlkugeln von Integrale gewann der Star-Spieler Philippe Quintais 1988 die französische Petanque-Meisterschaft. Das 21. Jahrhundert begann jedoch mit finanziellen Schwierigkeiten für das Unternehmen, und 2003 übernahm eine Gruppe von Investoren aus Lyon den Betrieb. 2010 ging Integrale insolvent und wurde am 28. März 2012 mangels Masse liquidiert.

Im deutschen Handel war von Integrale zuletzt nur noch die superweiche Messingkugel „As de Carreau“ erhältlich, die wegen ihres Laufgeräusches die „Klingelkugel“ genannt wurde. Sie wurde bei uns zum letzten Mal um 2018 angeboten.

 

Produktive Nachbarschaft

Die Metallkugeln von Integrale inspirierten auch den Schlosser Jean Blanc und den Büchsenmacher Louis Tarchier, beide aus Saint-Bonnet-le-Château, einem Ort mit rund 1.800 Einwohnern an der Loire.

Blanc und Tarchier schmiedeten um 1927 die ersten reinen Stahlkugeln zum Boule-Spiel. Jean Blanc ließ sein Verfahren patentieren und meldete den Betrieb als „JB“ an, die Initialen seines Namens. Die erste Stahlkugel von JB war die JB Perfect Inox, in die XJBX eingraviert war, und eine der erfolgreichsten Boule-Kugeln der damaligen Zeit.

Als Jean Blanc 1933 mit 58 starb, übernahm Jean Deville den Betrieb und bot die Kugeln weiterhin unter der Marke “JB” an. 1993 wurde JB von Obut aus dem gleichen Ort (gründet 1955) übernommen, die Kugeln von JB weiter produziert und vermarktet, bevor die Produktion 2010 eingestellt wurde. Das endgültige Ende von JB kam 2012.

 

Einst ein ganz großer Name

Mit JB ist auch die Marke ELTE eng verbunden. Sie wurde 1930 von Louis Tarchier gegründet, der ja schon mit seinem Nachbarn Jean Blanc „JB“ gegründet hatte.

Louis Tarchier vertrieb seine Kugeln als “LT” oder „ELTÉ“ über La Boule Intégrale aus Lyon. Altersbedingt übergab er seine Werkstatt an Schwiegersohn Maurice Crozet, der seine eigene Marke “MC” eintragen ließ. 1984 wurde MC von Obut übernommen und als ELTE wiederbelebt.

 

Weiterlesen: Einer schluckt sie (fast) alle

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