Nur viele, viele Würfe formen den guten Spieler. Warum also nicht mit sechs Kugeln zum Training? Hier einige Anregungen:
Dreier: 2 Spieler mit je 3 Kugeln treten gegen einen Spieler mit 6 Kugeln an. Ergibt 6 : 6 Kugeln, genau wie beim Doublette oder Triplette.
Supermelee: Markiere einen Kreis oder platziere einen Abwurfkreis in sieben bis neun Metern. Wirf drei Kugeln mitten in den Kreis, dann schieße sie mit den restlichen drei Kugeln. Jede Kugel im Kreis bringt einen Punkt, ebenso jeder Trefferschuss.
Solitaire: Ein Spiel gegen dich selbst. Mit einem Satz Kugeln spielst du vorsichtig und konservativ, mit dem anderen Satz gehst du auf Risiko. Lass dich überraschen, welcher Stil die meisten Punkte bringt.
Was du noch mit sechs Kugeln anfangen kannst, liest du hier
Bei den französischen Kugelspielen versuchen zwei Mannschaften, ihre Kugeln so nahe wie möglich an eine Zielkugel zu werfen. Dabei gibt es mehrere regionale Unterschiede.
Beim Boule Lyonaise haben die Teams einen bis vier Spieler. Das Spielfeld misst 3 x 27,5 m und ist mit Banden und Linien unterteilt. Das Spiel wird bis 13 Punkte oder über einen Zeitraum von 1,5 oder 2 Stunden ausgetragen.
Das Jeu Provencal wird mit drei Schritten Anlauf gespielt. Das Spielfeld misst 18 x 24 m, das ist etwa doppelt so groß wie beim Pétanque. Der Spieler muss vor seinem Wurf ansagen, ob er schießen oder legen möchte.
Im südfranzösischenLa Ciotatschaffte der Boulespieler Jules Le Noir Anfang des 20. Jahrhunders nicht mehr die Anlaufschritte des Jeu Provençal. Ein Freund erfand für ihn ein Spiel mit weniger Entfernung und ohne Anlauf. Er nannte es auf Provencalisch „ped tanco“, das bedeutet „Geschlossene Füße“ – und voila, der Siegeszug des Petanque begann.
Daher ist es falsch, das beliebteste der französischen Kugelspiele als Boule zu bezeichnen, was nur die Vokabel für „Kugel“ ist. Vermutlich haben deutsche Frankreich-Touristen während der 70er Jahre das Wort so aufgeschnappt und bei uns verbreitet. Gemeint was aber Petanque.
Nach den offiziellen Petanque-Regeln darf eine Turnierkugel zwischen 650 g und 800 g wiegen. In der Praxis dominieren jedoch Boule-Kugeln mit einem Gewicht um 700 g.
Reine Leger bevorzugen schwere Kugeln, so um die 730 g. Durch ihr Gewicht haben diese Kugeln einen stabilen Lauf, für Effekt-Würfe und effektives Schießen sind sie jedoch zu schwer.
Für Schießer empfehlen sich Kugeln um 680 g. Da man mit einer Schießer-Kugel auch legen kann, ist dieses Gewicht universell verwendbar. Auf Turnieren oder bei Top-Spielern findet man fast nur Kugeln mit 680 oder 690 g Gewicht, Boule-Kugeln mit 700 g und mehr sind eher die Ausnahme.
Das Gewicht ist aber nur ein Parameter der optimalen Kugel. Hinzu kommen Stahlqualität, Härte, Verarbeitung oder die Riffelung. Am wichtigsten jedoch ist der Umfang einer Kugel, die genau in die Hand des Spielers passen muss.
Was jeder Boule-Spieler fürchtet: Eine „Fanny“ steht für eine Niederlage mit 0 Punkten. Möglich ist auch eine „Technische Fanny“: Eine Equipe führt 12:0 und bricht so dramatisch ein, dass die andere Mannschaft mit 13:12 gewinnt.
Wie die Legende besagt, geht die Tradition der Fanny auf eine südfranzösische Kellnerin zurück, die einen Verlierer zwang, sie auf den nackten Hintern zu küssen. Allerdings sind die Geschichten und Vermutungen so unübersichtlich, dass gesicherte Aussagen nicht möglich sind.
Aber egal. Heute findet man auf Turnieren und bei Vereinen eine Karikatur der Fanny mit breitem Arsch und hoch gehobenem Rock, entweder als Gemälde oder Skulptur. Nach der liebevollen Aufforderung „Baiser la Fanny“ muss der unglückliche Verlierer dem Bild nun einen Kuss aufdrücken.
Die offiziellen Petanque-Regeln schreiben vor, dass zwei Mannschaften mit gleicher Stärke gegeneinander spielen. Doch wie behilft man sich, wenn nur drei Spieler anwesend sind, also eine/r zu wenig für eine Doublette und zu viel für ein Tete-a-Tete?
Natürlich können auch drei Spieler wie zwei spielen: Jede/r hat drei Kugeln, gespielt wird auf eine Sau. Das Ergebnis ist dann dreistellig, so wie 8:4:9.
Wo viele Kugeln zur Verfügung stehen, kann ein Spieler mit sechs Kugeln gegen zwei Spieler mit je drei Kugeln antreten. 6 gegen 6 Kugeln – also wie beim regelkonformen Doublette oder Trippelte
Oder vielleicht einmal so: Zwei Spieler tragen ein Tete-a-Tete mit je drei Kugeln aus, der dritte Spieler setzt für eine Aufnahme aus. Nach der Aufnahme spielt der Sieger gegen den dritten, der zuvor ausgesetzt hatte.
Oder so: Drei Spieler treten mit je drei Kugeln gegeneinander an. Der erste wirft aus, aber nicht nur ein Cochonnet, sondern zwei! Danach spielt jeder seine erste Kugel auf eines der beiden Cochonnets. Der Spieler mit der besten Kugel spielt danach seine zweite Kugel, danach der zweitbeste. Sind alle Kugeln gespielt, wird jede einzelne Zielkugel wie gewohnt ausgewertet, und einer oder zwei Spieler erhalten die Punkte.
Was die Hersteller gerne verschweigen: Neben Härte und Stahlqualität bestimmt noch ein Parameter die Qualität einer Boule-Kugel, und zwar die Unwucht. Ein gutes Gleichgewicht ermöglicht eine geradlinige Flugbahn beim Schießen und einen geraden Lauf am Boden.
Bei der Produktion einer Boule-Kugel werden zwei Halbkugeln zusammengesetzt und verschweißt. Daraus kann ein Ungleichgewicht entstehen, kurz: Die Kugel läuft nicht ganz rund. Der französische Petanque-Verband FFPJP (Fédération Française de Pétanque et Jeu Provençal) hat daher festgelegt, dass die Unwucht 1,3 % der Kugelmasse nicht überschreiten darf.
Im oberen Bereich erreichen Boule-Kugeln ein Ungleichgewicht zwischen 0,5 und 0,3 %. So gibt der italienische Hersteller Boulenciel die Genauigkeit des Kugeldurchmessers mit ± 0,02 mm an und den Gleichlauf mit weniger als 0,1% des Kugelgewichtes. Die übrigen Hersteller halten sich bei diesen Angaben eher bedeckt.
Viele Boule-Spieler steigen mit preisgünstigen Freizeitkugeln ein, irgendwann aber muss ein höherwertiger Kugelsatz her, der auch für Turniere zugelassen ist. Diese Boule-Kugeln unterscheiden sich in Art und Härte des Stahls, Riffelung oder Musterung.
Mit einem Marktanteil von 80 % ist Obut der größte Hersteller von Turnierkugeln weltweit. Das Unternehmen aus St-Bonnet-le-Château an der Loire ist auch durch Übernahmen so groß geworden, darunter Okaro oder JB Petanque. Nur: Bei Obut gibt es nur ganz wenige Riffelungen. Da sehr viele Spieler mit Boule-Kugeln von Obut spielen, sind sie manchmal schwer zu unterscheiden.
Mit über 40 Riffelungen bietet Boule Bleue ganz unterschiedliche Kugeln an, die sich vom Rest des Feldes deutlich unterscheiden. Das Unternehmen aus der Nähe von Marseille wurde 1903 gegründet und ist damit der älteste Hersteller von Boule-Kugeln der Welt.
Recht jung hingegen ist MS Petanque von 1995. Das Unternehmen aus Nogent verfügt über besonderes Knowhow in der CNC-Produktion und legt Wert auf die Tatsache, dass alle Kugeln in Frankreich produziert werden.
Aus Thailand stammen die Boule-Kugeln von La Franc, die schon 1962 vom französischen Petanque-Verband zum Wettkampf zugelassen wurden. Unter der Eigenmarke Geologic bietet die französische Sportartikelkette Decathlon auch Boule-Kugeln im mittleren Preissegment an, die aus der Produktion von La Franc stammen.
Sehr hochwertig kommen die Kugeln von KTK Petanque, erhältlich ab 150 Euro. Die recht auffällig gemusterten Kugeln sind in mehreren Reihen erhältlich und werden durch europäische Top-Spieler beworben.
Aus Italien stammen die Boule-Kugeln von Unibloc und Boulenciel. Sie sind im höheren Preissegment angesiedelt und zum Teil auch aus Messing gefertigt. Eine weitere Marke, die weniger häufig gespielt wird, ist Toro aus Frankreich.
Im Petanque haben wir zwei Positionen: Den Leger und den Schießer. Im Triplette kommt noch der Milieu dazu, der universell aushilft. Der Angriff jedenfalls liegt beim Leger, der die erste Kugel wirft. Der Job des Schießers ist es, eine gute Kugel des Legers zu verteidigen, indem er die bessere Kugel der Gegenseite wegballert.
Aber wie setzt man mit der ersten Kugel die andere Mannschaft unter Druck?
Vor die Sau (Zielkugel) legen, um der anderen Mannschaft den Weg zu blockieren, auf Französisch ein „Avant“
Direkt an die Sau legen, um den gegenerischen Schießer zu provozieren, vielleicht trifft er einmal oder zweimal nicht und ist dadurch entwaffnet, auf Französisch ein „Biberon“
Oder 30 bis 40 cm links oder rechts neben die Sau legen. Diese Kugel wird in Frankreich ein „Bastard“ genannt, denn sie mobilisiert den gegnerischen Schießer nicht, kann aber einen Punkt bringen.
Die Playa de Palma – auch für Boule-Spieler geht hier etwas
Der deutsche Mallorca-Tourismus hat schon lange einen hohen Grad der Perfektion erreicht. Auch beim Boule oder Petanque, was auf den Balearen als „Petanca“ bezeichnet wird.
Am Balneario 9 der Playa de Palma liegt dieser Park mit Boule-Platz
Eine Fläche zum Spielen zu finden, dürfte auf Mallorca nicht sehr schwierig sein. Aber wir hatten besonderes Glück: Direkt neben unserem Hotel gab es einen Park mit drei Boule-Bahnen. (Höhe Balneario 9, neben dem Grupotel Acapulco Playa.) Die Bahnen waren so sandig wie der Strand, die Kugeln liefen überhaupt nicht. Aber an sowas gewöhnt man sich.
In dem kleinen Park lernten wir auch eine Gruppe der evangelischen Kirche der Balearen kennen, die hier mittwochs regelmäßig spielen.
So verbrachten wir eine Woche mit Boule an der Playa, sehr weiter sind wir nicht gekommen. Dabei wussten wir von Google, dass es auf Mallorca in fast jedem Ort einen Boule-Club gibt. Die meisten tragen das Wort „Petanca“ im Namen, wie unser Petanque auf Spanisch heißt.
Über 60 Bahnen hat die Petanca-Anlage des Verbandes der Balearen
Flutlicht und eine Tribüne – mehr geht wohl nicht
Im Nordosten von Palma de Mallorca gibt es auch eine städtische Boule-Anlage mit über 60 Bahnen. Wir waren aber nicht dort, da uns die Ortsangabe nicht wirklich gefallen hat: Neben einem sozialen Brennpunkt gelegen, wo Messerstechereien alltäglich sind, an einem Autobahndreieck und neben einem Fußballstadion, das gerade abgerissen wird.
Weitere Infos: http://fedbalearpetanca.es
http://www.kirche-balearen.net/